Am 29. September besuchte uns vom Hallenser Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Dr. med. Steffi Patzer mit ihren MitarbeiterInnen. Ihre Fachabteilung für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie interessierte sich für die in Wickersdorf Anfang des 20. Jh. praktizierte Reformpädagogik zur Bildung und Erziehung des Kindes und des Jugendlichen. Außerdem wollten sie sich über das Zusammenleben von Menschen mit Behinderung und nicht behinderten Menschen informieren.
Nach einem kleinen Imbiss hielt Dr. Ulrich Knopf einen Vortrag über das Wesen und die Bedeutung der „Freien Schulgemeinde Wickersdorf“ als reformpädagogische Einrichtung. Er ging besonders darauf ein, wie das vom Gründer Gustav Wyneken konzipierte „Projekt Wickersdorf“ damalige Tendenzen der Medizin in die Erziehung einbezog:
Kindheit und Jugend wurden als eigenständige Lebensetappen aufgefasst und nicht als Übergang zum Erwachsensein. Das wurde unterstützt durch Methoden wie Anschauungspädagogik, Selbsttätigkeit der Schüler, das freie Gespräch, die Erlebnispädagogik, Schulgemeinde-Pädagogik und Lernen durch praktische Tätigkeiten. Durch die Einheit aus künstlerischer, sportlicher und handwerklicher Erziehung sollte die Formung des Menschen besonders positiv gelingen. Ausführungen zum Schicksal der Schule bis zur endgültigen Schließung 1991 rundeten das Bild ab.
Anschließend begab sich die Gruppe auf das Grundstück der ehemaligen Schule, das seit 1993 nach umfangreicher Sanierung von der „Lebensgemeinschaft Wickersdorf e.V.“ genutzt wird. Die Grundlagen für die Gestaltung dieser Initiative bilden das anthroposophische Menschenbild und das Ideal der sozialen Dreigliederung, wie sie von Rudolf Steiner entwickelt wurden. Unter sachkundiger Führung von Betina Hellgard und Jürgen Breuer erfuhren die Besucher beim Rundgang durch das Gelände und die Werkstätten wie die Lebensgemeinschaft Heimat für Menschen mit und ohne körperliche, seelische und geistige Beeinträchtigung ist und wie das tägliche Zusammenleben gestaltet wird.