Zu viel Hitze

Zu viel Hitze

Wenn in Wickersdorf irgendwelche Feierlichkeiten anstehen, wird das oftmals dadurch angekündigt, dass dicker Rauch aus der Esse des neuen Backhauses  in den Himmel steigt. So ist es auch am Freitag, dem 18. November 2016. Haiko hat eingeheizt, denn am nächsten Tag sollen Brot und Stollen gebacken werden.

Als ich am besagten nächsten Tag – es ist nun Samstag, der 19. November – früh kurz nach 07.00 Uhr das Backhaus betrete, schlägt mir eine beachtliche Hitzewelle ins Gesicht. Ein prüfender Blick aufs Thermometer bestätigt mir tropische 32 °C Raumtemperatur. Im Backofen schwelt eine nahezu infernalische Glut vor sich hin und die Temperatur in der Röhre liegt bei über 450° C. In einer reichlichen Stunde wollen wir Brote einschieben. Haiko ist schon unterwegs, den Teig bei Bäcker Wagner in Saalfeld zu holen. Für die Brote brauchen wir 270°. Das könnte schwierig werden. Also lasse ich erstmal den Backofen offen und reise Fenster und Tür des Backhauses auf. Mit den etwa 6° C Außentemperatur könnte man schon für ein wenig Kühlung sorgen. Wie weit das reicht, werden wir sehen.

Kaum habe ich meine Vorbereitungen getroffen, als Prof. Ludwig Patzer des Weges kommt. Seit letztem Herbst ist er nahezu fest dem Team der Wickersdorfer Bäckerburschen zuzurechnen. Sein Anteil besteht allerdings nicht nur darin, sich aktiv am Backgeschehen zu beteiligen. Nebenher ist er derjenige, der die Kosten für den später noch zu verarbeitenden Stollenteig übernimmt.

Als Haiko um 07.30 Uhr noch nicht wieder da ist, entschließen wir uns zu einem kurzen Rückruf. Haiko meldet sich vom Bäcker, wo die Übergabe des Teiges wohl nicht so ganz reibungslos vonstatten geht. Lange zu warten brauchen wir dann aber doch nicht mehr, bis Haiko endlich zurück ist. Der Kofferraum seines Wagens voll beladen mit Brot- und Stollenteig.

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Nachdem der Brotteig entladen ist, ziehen wir erst einmal die Glut aus der Backröhre. Während wir die Brote formen, wollen wir mal sehen, wie weit die Temperatur im Ofen zurückgeht.

In der Zwischenzeit regt sich das Leben auch am Weihnachtsbaum, der gestern aufgestellt wurde. Reiner Rosenbusch und Michael Harbich wollen heute die Lichterketten anbringen. Bei 6° und Dauerniesel. Zu beneiden sind die beiden jedenfalls nicht.

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Als schließlich unsere Brote schön aufgereiht im Regal stehen, entschließen wir uns, den Ofen einer Zwangskühlung zu unterziehen. Dazu bedienen wir uns Reiners Staubsauger, der auch als Gebläse genutzt werden kann. Sonderlich professionell mag das natürlich nicht erscheinen, aber es wirkt. Über kurz oder lang erreichen wir die erforderlichen 270° … und schieben unsere Brote ins Loch.

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Während das Brot bäckt, geht die Temperatur des Backofens langsam zurück, so dass wir im Anschluss an die Brote gleich die Stollen hineinschieben können. Dabei reden wir von einer Größenordnung so um die 180°C. So sieht jedenfalls der Plan aus. Doch der funktioniert leider nicht. Obwohl wir die Zugklappe des Schornsteins, wie auch die Tür des Backofens offen lassen, bleibt die Temperatur im Ofen böswillig konstant auf 270°. Das mag uns nun Rätsel aufgeben oder nicht, wir können es jedenfalls nicht ändern. Und wir nutzen die Zeit des Backens, um derweil unsere Stollen in Form zu bringen.

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Die Brote, die wir nach einer Stunde wieder ans Tageslicht holen, sehen aus wie gemalt. Der Backofen indes ist viel zu heiß, als dass wir Stollen hineinschieben könnten. Also muss am Ende Reiners Gebläsestaubsauger wieder ran. Wir nehmen uns vor, beim nächsten Mal mit unseren Heizgewohnheiten härter ins Gericht zu gehen und etwas mehr Sensibilität walten zu lassen. Während dessen bekommen wir die Temperatur mühsam auf rund 200° herunter. Profis, wie wir sie nun mal sind, entscheiden wir: „Was bei 180° gut wird, kann bei 200° nicht schlecht werden!“ Und schon verschwinden unsere Stollen in der Röhre. Sicherheitshalber lassen wir die Backofentür erst einmal offen, damit wir sehen können, wenn unser Gebäck doch zu dunkel werden sollte. Aber dem ist nicht so. Im vorderen Teil des Backofens sehen die Laibe sogar aus, als wenn sie zu wenig backen würden. Also schließen wir die Tür und gehen davon aus, dass nun alles gut werde. Und so ist es mit dem Lohn des Tüchtigen – nach einer reichlichen Stunde sind unsere Stollen goldbraun gefärbt und gut durchgebacken. An Rosinen mangelt es auch nicht. Überall in der Backstube und dem Ofen kullern sie herum. Daran hat Bäcker Wagner jedenfalls nicht gespart.

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Wir sparen nicht an Butter und Puderzucker und bald sehen unsere Stollen genau so aus, wie es sich gehört. Einfach nur perfekt.

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Irgendwann zwischendurch schließen auch Reiner und Michael ihre Arbeiten an der Weihnachtstanne ab. Sie haben bei dem Mistwetter durchgehalten wie echte Männer. Das geplante Probeleuchten um 17.00 Uhr kann also stattfinden.

Dazu haben wir freilich auch unsere Dorfbevölkerung eingeladen. Und den Posaunenchor Hoheneiche zur musikalischen Untermalung. Die Musikanten erscheinen sehr pünktlich. Sie wollen sich noch gründlich einstimmen, bevor die Leute kommen.

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Bernd Liebner und Gerd Rosenbusch von unserer Freiwilligen Feuerwehr haben sich vor dem Vereinshaus postiert, um mit Glühwein für eine festliche Stimmung zu sorgen.

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Reiner verspätet sich um ein paar Minuten – er musste sich nach der Tortur mit der Lichterkette erst einmal wieder gesellschaftsfähig machen. Mit einer kurzen Ansprache kündigt Haiko als Ortsbürgermeister den großen Moment an.

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Dann erstrahlt unser Weihnachtsbaum, von Reiners Hand eingeschaltet, im Glanze tausender kleiner Lichtpunkte. Mit dem obligatorischen „AAH“ und „OOH“ bestätigen die Anwesenden, dass aus einer schlichten Fichte wieder einmal ein wahres Schmuckstück geworden ist.

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Während Bernd und Gerd mit ihrem Glühwein kaum Absatzprobleme haben, zeigen unsere Gäste bedauerlicherweise nur recht begrenztes Interesse an unserem wunderbaren Adventsgebäck. Wir wollten die Stollen bei dieser Gelegenheit verkaufen. Das war sogar Teil unseres Planes. Marc Munzert hatte sich bereit erklärt, den Verkauf zu übernehmen. Aber wie sich herausstellt, wissen die Einwohner von Wickersdorf den Genuss eines echten Wickersdorfer Backhausstollens wohl eben doch nicht so richtig zu schätzen.

Während sich draußen die Menge noch um den Glühweinstand der Feuerwehr drängt, sind im Hinterzimmer des Vereinshauses schon einige emsige Vereinsmitglieder(innen) dabei, Brot für die abendliche 25-Jahr-Feier zu schmieren.

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Auch DJ „Splitt van Streugut“ bastelt im großen Saal seine Anlage zusammen.

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Zu diesem Fest sind natürlich nur Vereinsmitglieder eingeladen. Auch Heinz Hartmann war extra seine 200 km aus Klieken angereist, um den 25. Jahrestag mit uns zu begehen. Dann bekam seine Lebensgefährtin Marion Schwarz am Samstagvormittag plötzlich und völlig unerwartet einen Hexenschuss. Das zwang die beiden leider vorzeitig und unverrichteter Dinge zur Abreise.  Dessen ungeachtet füllt sich ab 19.30 Uhr der Saal mit denjenigen, die zum Feiern in der Lage sind. Es sind wohl auch ein paar weniger, als sich ursprünglich angemeldet hatten, aber es kommt schon ein hübsches Trüppchen zusammen.

 

Die Feier wird von Haiko, diesmal im Amt des Vereinsvorsitzenden, eröffnet. Er verbindet dies mit der angenehmen Aufgabe, Sebastian Schier als neuem Mitglied unseres Vereins seine Aufnahmeurkunde zu überreichen.

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Nach der kurzen Begrüßung wird das Brot serviert. Selbst gebacken und geschmiert. Hinter der Theke wiederum kümmern sich Feuerwehrmitglieder um die Versorgung mit Getränken.

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Von den überaus schmackhaften Schnittchen ist schon nach kurzer Zeit nicht mehr allzu viel übrig.

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Was man von den Getränken glücklicherweise nicht behaupten kann. Die Versorgung damit läuft kontinuierlich und reibungslos. Was der Stimmung im Saal natürlich sehr zugute kommt.

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Unserem DJ muss man bestätigen, dass er über den ganzen Abend eigentlich einen guten Mix aus alt und neu, Rock und Ballade und auch ein paar fetzige Stimmungsmacher auf den Weg bringt.

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Die richtige Tanzwut kann er damit aber irgendwie nicht aus der sonst recht illustren Gesellschaft herauskitzeln. Aber sei’s drum. Als am Ende der DJ seine Soundbox zusammengepackt hat und die Leute hinter der Theke schon mal grob für Ordnung sorgen und also damit deutlich wird, dass für heute erst einmal Feierabend ist, kann man doch rückblickend feststellen – auch wenn die Tanzfläche ab und zu leer blieb, herrschte doch eine dem feierlichen Anlass gemäße, fröhlich ausgelassene Laune im Saal. So wie man es von den Feiern unseres Heimatvereins eben gewöhnt ist.

Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                                                               Eddy Bleyer

November 2016

 

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