Mit dem Genuss all der edlen Tropfen

Mit dem Genuss all der edlen Tropfen

Als ich am 08. März 2025 gegen 18.30 Uhr das Wickersdorfer Vereinshaus betrat, waren die beiden Hauptakteure des Abends bereits anwesend. Heinz und Karin Wagner aus Starkenburg an der Mosel hatten die lange Reise zu uns angetreten, um uns wieder einmal mit Heinz‘ unbeschreiblich unterhaltsamen Vorträgen über den Weinanbau an der Mosel zu erfreuen. Was eine der ganz speziellen Besonderheiten dieser Vorträge ist, dass während der viele Jahre alten und wunderbaren Gewohnheit eine wirklich als herzlich zu bezeichnende Freundschaft zwischen der Familie Wagner und vielen Mitgliedern des Heimatvereins entstanden ist. Kein Wunder also, dass die Begrüßung zwischen den beiden Wagners und den nacheinander eintrudelnden Gästen tatsächlich sehr innig ausfiel.

Wir hatten den Beginn der Veranstaltung auf 19.00 Uhr angesetzt. Und wie fast durch ein Wunder waren alle – bis auf 3 durch objektive Gründe verhinderte – Teilnehmer pünktlich zur Stelle. Also saßen wirklich nur kurz nach 19.00 Uhr alle Anwesenden „still“ auf ihren Stühlen und fieberten dem Beginn von Heinz‘ Ausführungen entgegen. Allerdings beanspruchte Haiko Jakob als Vorsitzender des Heimatvereins vorher noch das Privileg, alle Teilnehmer und vor allem Wagners auf das Herzlichste zu begrüßen. Natürlich konnte er sich dabei nicht verkneifen, Heinz daran zu erinnern, dass er bereits vor einigen Jahren erstmals verkündet hatte, dies wäre sein letzter Vortrag in Wickersdorf gewesen. Wie ich inzwischen aus alten Protokollen ermitteln konnte, war das genau im Jahr 2016. Rein mathematisch gesehen, hätte diese Ankündigung also nächstes Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum.

Nachdem Haiko ihm das Wort erteilt hatte, brachte Heinz in seiner Einleitung ebenfalls ein Jubiläum zur Sprache. 1995, also vor 30 Jahren, hatten sich die Wagners zum ersten Mal in ihrem Leben nach Wickersdorf aufgemacht, um damit einer so großartigen Tradition Tür und Tor zu öffnen, wie wir sie heute erleben. Ob damals irgendjemand mit einer derart fulminanten Entwicklung gerechnet hätte – wer weiß das schon.

Heute ist es jedenfalls so, wie es ist und dazu gehört, dass die Gäste während des Vortrages natürlich auch einmal ein Schlückchen Wein zu kosten bekommen. Um das zu ermöglichen, steht Karin bereit.

Nachdem nun Heinz, teilweise mit leichter Rührung in der Stimme, zum Abschluss seines Vorwortes gekommen war, kam ihre Stunde. Dienstbeflissen und bereit schenkte sie uns ein, was das Weingut „Starkenburger Hof“ in den letzten Monaten erzeugte. Heinz hatte uns darüber informiert, dass die Weinernte 2024 so schlecht war, wie er sich Zeit seines Lebens nicht erinnern könnte. Eine frostige Nacht hatte gereicht, um den Traubenbestand nachhaltig ganz erheblich zu dezimieren. Besonders der Rotwein, der wesentlich empfindlicher auf Kälte reagiert, war betroffen.

Karin indes geizte nicht. Ihr Ziel war es, die Geschmacksnerven der anwesenden Feinschmecker mit dem Genuss all der edlen Tropfen zu betören. Ich persönlich neige zu der Ansicht, dass ihr das ganz ausgezeichnet gelang. Um eine zügige Versorgung der großen Zahl an Besuchern zu gewährleisten, ging ihr Uli Knopf mit Fleiß zur Hand. So muss man sich also nicht wundern, dass sich schon bald der alte und kluge Spruch „im Wein steckt Seligkeit“ bewahrheitete. Was es für Heinz natürlich mit der Zeit immer schwieriger machte, die Aufmerksamkeit der „still“ auf ihren Plätzen sitzenden Leute zu erreichen. Immer öfter erklang das Klingeln eines Glases durch die murmelnde Geräuschkulisse. Wenn das nicht mehr reichte, ließ Haiko auch schnell mal einen gellenden Pfiff ertönen. Der sorgte dann doch in den meisten Fällen für einen kurzen Moment Ruhe. So dass Heinz sich erst einmal wieder Gehör verschaffen konnte. Solche Nebenwirkungen sind aber normal für einen Vortrag dieser Art. Es lässt sich einfach nicht verhindern, dass die Stimmung und Heiterkeit im Publikum mit jedem Gläschen wächst.

Wie uns das wahre Leben aber lehrt, ist auch der schönste Vortrag irgendwann einmal zu Ende. So war es natürlich auch an diesem Abend. Wie es bei solchen Veranstaltungen üblich ist, standen am Schluss freilich noch unzählige angefangene Weinflaschen auf der Theke zur Küche. Und es ist ebenfalls üblich, dass so viele wie möglich davon noch am selben Abend vernascht werden. Wobei, wie ich beim Stöbern in meinen alten Protokollen feststellte, zogen sich solche Abende noch vor wenigen Jahren entschieden weiter in die Länge. Da ist von 02.00 Uhr morgens die Rede. Was sicherlich keinen Rekord darstellte. Dieses Mal war ich bereits vor Mitternacht wieder zu Hause. Offensichtlich werden wir nun inzwischen doch alle älter.

Um Haiko gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, gab Heinz seiner Hoffnung Ausdruck, auch nächstes Jahr wieder seinen Vortrag hier bei uns zu halten. Was uns alle natürlich über alle Maßen freuen würde.

Ich will zum Abschluss meines Berichtes hier nun noch ein Jubiläum erwähnen, das mir bei der Sichtung alter Aufzeichnungen ins Auge fiel und das wir nun dieses Jahr zu feiern leider verpasst haben.

2015, also vor genau 10 Jahren, wurden Heinz und Karin Wagner zum Zeichen ihrer Verbundenheit Mitglieder des Heimatvereins Wickersdorf.

Darauf hätten wir aber tatsächlich mal anstoßen können.

 

Heimatverein Wickersdorf e.V.                                                    Eddy Bleyer

 

März 2025

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