Seit Hitze, Trockenheit und in deren Folge der Borkenkäfer sehr gut sichtbar an unseren Wäldern nagen, geht der Bestand an Fichten in dramatischem Ausmaß zurück. Die Abholzung geschieht in einem Tempo, dass die Abfuhr der Stämme durch einheimische und auch ungezählte Holztransporter aus dem benachbarten Ausland einfach nicht mehr zu schaffen ist. Riesige Polter sammeln sich am Rand dessen, was früher einmal Wälder waren. Man muss, glaube ich, von Glück reden, dass es vereinzelt doch noch so viele grüne Bäume gibt, dass man in ihrer Mitte sogar einen halbwegs passablen Maibaum finden kann. Das war nämlich die Aufgabe unserer Freiwilligen Feuerwehr am 30. April. Jedes Jahr wird nämlich genau an diesem Tag auf dem Dorfplatz von Wickersdorf ein solcher Maibaum herangeschafft und vor den kritischen Augen der Bewohner und deren Gästen aufgerichtet.
Begleitet wird das Spektakel allemal von allerlei kulinarischen Genüssen, die ebenfalls von Kameraden der Feuerwehr angeboten werden.
Pünktlich zu Beginn der Veranstaltung um 18.00 Uhr lagen dementsprechend schon die ersten Bratwürste fertig gegrillt auf dem Rost. Wie immer nutzten natürlich auch die Familien in der Lebensgemeinschaft die Gelegenheit, ihre Mitglieder mit frisch gebratenen Würsten zu versorgen.
Langsam, aber sicher, erschienen dann aber schließlich auch der eine oder andere Einwohner von Wickersdorf auf der Bildfläche. Der erste Weg führte meist zum Bratwurstrost. Es kann der schönste Maibaum keine Begeisterung hervorrufen, wenn man hungrig und durstig ist. Solche Umstände können freilich unter gar keinen Umständen geduldet werden.
Während sich nun das Volk auf dem Dorfplatz versammelte, kamen dann endlich am Ortseingang die Feuerwehrleute mit dem Maibaum in Sicht. Für diesen Zweck gibt es ja ein ganz spezielles Fahrzeug, bestehend aus einem Kleintransporter und einem entsprechenden Nachläufer. Dieser Maibaumlangholztransporter gehört zum Privatbesitz von Peter Gräf und wurde in den letzten Jahren auch regelmäßig von ihm gefahren. Dienstliche Pflichten hinderten Peter dieses Jahr allerding daran, diese wichtige Amtshandlung durchzuführen. Deshalb ergab sich beim diesjährigen Einzug des Maibaumes ein völlig ungewohntes Bild. Am Steuer des Transportfahrzeuges eine Frau.
Peters Ehegemahlin Uta hielt das Ruder in der Hand wie ein Mann. Emanzipation auf allerhöchstem Niveau. Also auch auf diesem Gebiet steht Wickersdorf sprichwörtlich seinen Mann. Dass neben der Oma im Führerhaus Enkel Eddi mitfuhr, sei hier nur am Rande bemerkt. So wird schon die übernächste Generation an ihre gesellschaftlichen Pflichten von übermorgen gewöhnt. Sind das nicht wunderbare Aussichten für unsere Zukunft?
Das Aufrichten des Baumes ist kein Kinderspiel. So ab 6 oder 7 Meter Länge muss schätzungsweise eine ganz beachtliche Hebelwirkung überwunden werden. Und diesen Baum hätte ich sogar noch ein klein wenig länger geschätzt.
Dass also auch bei dieser Verrichtung immer wieder Frauen mit anpacken, gehört zu den strategischen Verfahrensweisen unserer Feuerwehr. Und es ist freilich auch eine ganz besondere Anerkennung der betreffenden Frauen wert.
Wie dem auch sei – an Stricken gezogen und am Stamm geschoben, dauerte es keine Minute, bis der Baum stand. Begleitet vom Applaus der umherstehenden Zuschauer.
Mit der Aufstellung des Baumes gingen die Ereignisse auf dem Dreieck bereits ihrem Ende entgegen. Ans nach Hause Gehen dachten deshalb aber sicher die Wenigsten. Schließlich war auf dem Lagerfeuerplatz ein beachtlicher Holzhaufen zum Zweck eines beeindruckenden Walpurgisfeuers aufgerichtet worden.
Dieser Platz ist dafür bekannt, dass dort eigentlich immer ein ziemlich kühler Wind weht. Dorthin zu gehen, setzt normalerweise voraus, sich trotz Lagerfeuers warm anzuziehen. Ganz anders nun an diesem Abend.
Dass ich mich in kurzen Ärmeln halbwegs wohl fühle, braucht es Temperaturen deutlich über 20° C. Den dicken Pullover, den mir meine Frau von zu Hause holen wollte, brauchte ich an diesem Abend schließlich nicht mehr. Da kann sich nun jeder ausrechnen, welche Temperaturen bereits ohne Feuer herrschten.
Feuerwehrmann Michael Harbich hatte mir bereits im Vorfeld prophezeit, wenn der Haufen heute brennt, wird es richtig warm. Er sollte recht behalten.
Normalerweise ordnen sich die Besucher immer in einem Abstand von etwa 5 oder 6 Metern um das Feuer an. Das taten sie auch dieses Mal. Allerdings nicht für sehr lange. Als der Stapel nur halbwegs brannte, war es aus. Das Feuer entwickelte eine derart infernalische Glut, dass man sich ihm auf keine 10 Meter mehr nähern konnte.
Selbst die Feuerwehrleute in Schutzanzügen hielten es nur für ganz kurze Zeit in seiner Nähe aus. Eine derartige Hitzeentwicklung habe ich in meinem bisherigen Leben noch nicht erlebt.
Das Gelände um das Feuer ist weitläufig, so dass sich die Gäste entsprechend in Sicherheit bringen konnten. Dort waren die sehr angenehmen Außentemperaturen natürlich förderlich für das allgemeine Wohlbefinden.
Das Versorgungsteam hatte seinen Rost und sein Getränkelager selbstverständlich zum Lagerfeuer umgesetzt. Hier ging das Geschäft schließlich ungehindert weiter.
Phasenweise konnte ich sogar kurze Schlangenbildungen beobachten.
Insofern kann man wohl von einem allseits erfolgreichen Abend sprechen. Dem Publikum wurde ein grandioses Spektakel geboten und die Organisatoren blieben sicher nicht auf ihren Auslagen sitzen. Das schöne und milde Wetter hatte bestimmt seinen Anteil daran. Den Kameraden und Kameradinnen der FFw muss allerhöchstes Lob und herzlichster Dank ausgesprochen werden.
Heimatverein Wickersdorf Eddy Bleyer
Mai 2024